Biografie  
   

Sylvie Schenk wurde 1944 in Chambéry, Frankreich, geboren, und ist in Gap, Hautes-Alpes, groß geworden. Studium in Lyon (Latein, Griechisch, Französisch). Sie lebt seit 1966 in Deutschland, war zuerst Lehrerin an verschiedenen Schulformen, dann ab 1976 freischaffende Autorin für Schulfunk und Schulbuchverlage, hauptsächlich für den Cornelsen-Verlag in Berlin, erarbeitete zusammen mit anderen u.a. die Reihen "Réalités" und "À plus!".
Sie veröffentlichte drei Gedichtbände auf Französisch, und seit 1992 schreibt sie Romane und Kurzgeschichten auf Deutsch.

Bisherige Auszeichnungen:

Bis 2000 war sie Rezitatorin in der Gruppe Poésique, heute veranstaltet sie weiterhin Lesungen zusammen mit Musikern, vor allem mit Heribert Leuchter.
Seit 2002 wirkt sie ehrenamtlich als Initiatorin und Organisatorin des Euregio-Schüler-Literaturpreises.

Sie lebt in Stolberg bei Aachen und in La Roche de Rame (Hautes Alpes, Frankreich).

Sylvie Schenk, April 2013
Sylvie Schenk, April 2013. Foto: © Karl-Heinz Oedekoven

Sylvie Schenk 2013. Foto: © Karl-Heinz Oedekoven. Vergrößern durch Anklicken

Sylvie Schenk und Heribert Leuchter, 2017
Sylvie Schenk und Heribert Leuchter, 2017. Foto: © Ales Vega

Sylvie Schenk und Heribert Leuchter, 2017. Foto: © Ales Vega. Vergrößern durch Anklicken

Tübinger Poetik-Dozentur

Hasenclever-Gesellschaft

   

Welt am Sonntag, 7.12.2008 (Bettina Hesse):
»Wandern und Schreiben sind verwandte Handlungen für die Schriftstellerin Sylvie Schenk, und so verbringt sie gerne viel Zeit in den Bergen. Meistens fährt sie in die französischen Alpen unweit der italienischen Grenze, um dort mit Leidenschaft zu wandern. Dass Bewegung inspirieren und die Kreativität fördern kann, ist bekannt. Und beim Laufen lassen sich die besten Ideen entwickeln. Doch im Leben von Sylvie Schenk spielt Bewegung noch eine ganz andere Rolle. Die in Chambéry geborene Französin kam Mitte der 60er-Jahre nach Lyon, wo sie Altphilologie und Französisch studiert hat, und verliebte sich in einen deutschen Chemie-Studenten. Der sprach perfekt Französisch, sie konnte kein Wort Deutsch. Sie heiratete ihn und ging mit ihm nach Deutschland. Seitdem vermittelt sie zwischen den beiden Kulturen. Das fängt beim Namen an. Als Sylvie Gonsolin schreibt die Autorin vor allem Lyrik - nach wie vor auf Französisch. Ihr erster Roman auf Deutsch, Hin und Her, erschien 1995, später hat sie auch Erzählungen unter ihrem französischen Namen veröffentlicht. Erst 2004 ging die Schriftstellerin zu "Sylvie Schenk" über, dem deutschen Teil ihres Namens. Und auf die Frage, warum sie die Sprache gewechselt habe, sagt sie: "Ich habe entschieden, auf Deutsch zu schreiben, weil ich hier lebe, mich hier austauschen, aus einer öden Einsamkeit heraus wollte." Von diesem Herauswollen erzählt ihr wunderbarer Debüt-Roman als Geschichte einer doppelten Zerrissenheit: Zehn Kilometer fährt eine Frau jeden Tag mit dem Fahrrad zu ihrem Geliebten und am nächsten Morgen wieder zehn Kilometer zurück, um ihrem Sohn eine Mutter zu sein und ein Stück Familienleben zu erhalten. Das macht die kleine Französin Juliette jahrelang, und das tägliche "Hin und Her" zwischen dem duldsamen Ehemann - "ungebrochen und stengelsteif" - und dem faszinierenden Geliebten, der ständig andere Frauen hat, reibt sie auf. Doch diese Liebe führt nicht zum erhofften selbstbestimmten Leben, und Juliette bleibt fremd in dem Land, in dem der Geliebte französisch charmant ist und der Mann die deutsche Zuverlässigkeit hat. Zum Glück betrachtet Sylvie Schenk die Dinge mit Humor, das ist gleich spürbar, wenn man die vitale Frau kennenlernt. Ihre lächelnde Zuversicht hat sie nie verloren, auch wenn der Weg als freie Autorin steinig war und ist. "Die Schriftstellerei hat mich ganz schön gefangen und befangen gemacht. Von Freiheit keine Rede." Unterstützung bei den ersten Schritten zum literarischen Schreiben bot ihr der Autorentreff im Aachener Literaturbüro, für das sie lange ehrenamtlich tätig war, als Dankeschön gewissermaßen. Eigentlich passt sie sehr gut in diesen Landstrich bei Aachen, wo sie in Stolberg lebt. Er bietet genügend rheinische Mentalität und liegt nah an der Grenze zu Belgien. Dort hat sie ihre Erfahrungen mit den unterschiedlichen Kulturen auf fruchtbare Weise eingebracht und 2002 den Euregio-Schüler-Literaturpreis ins Leben gerufen, den sie seitdem mitorganisiert. Dieser Preis würdigt die Kreativität zeitgenössischer Autoren und Übersetzer aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden. In diesem Jahr bestand die kritische Jury aus 500 Schülern von 39 Schulen der Euregio. Die schriftstellerische Arbeit hat eine zentrale Bedeutung für Sylvie Schenk, aber vom Schreiben können die wenigsten Autoren leben. So war ihre Berufserfahrung nicht nur in puncto Geldverdienen hilfreich: Sie arbeitete zunächst als Lehrerin, natürlich für Französisch, und später als Autorin für den Schulfunk und Schulbuchverlage. 2004 erschien ihr zweiter Roman Heute ist auch noch ein Tag. Feinsinnig erzählt sie darin von den höchst unterschiedlichen Bewohnern einer Straße an einem einzigen Tag - witzig und mit viel Gespür für menschliche und soziale Spannung. Ihr neuester Roman, Die Tochter des Buchhändlers, erschien vor kurzem im Wiener Picus-Verlag und ist die Geschichte der jungen Alice, die sich nach dem Tod des Vaters entscheiden muss, ob sie dessen verschuldete Buchhandlung übernimmt oder schließt. Mit dem ihr eigenen Humor porträtiert die Autorin Menschen, die schreiben und lesen, auch die Käufer von Literatur und führt in poetischer Sprache eine Auseinandersetzung zwischen Leidenschaft und Vernunft vor. "Ein Leser will nicht nur ein Buch entdecken. Etwas in ihm möchte vom Buch entdeckt werden und mit ihm einen stummen Dialog führen." Das Buch ist eine amüsante Parabel auf den Literaturbetrieb und eine konzentrierte Hommage an den 1999 verstorbenen Aachener Buchhändler Peter Klein, dessen Veranstaltungen Sylvie Schenk zum Schreiben auf Deutsch anregten. Anders als das Wandern ist das Schreiben eine Berufung, und jedes Mal bleibt die große Frage: "Wird mein Text meinem Mann, meinen Freunden, meinem Sohn, meinen Lesern gefallen?" Diesen Druck muss man aushalten können, genauso wie den der Vermarktung in einem ständig härter werdenden Geschäft. Sylvie Schenk versucht das Problem mit beachtlicher Weisheit zu lösen, vielleicht das Geschenk ihres fortgeschrittenen Alters. "Der Schriftsteller ist aber ein gehäuteter Narziss. Der einzige Ausweg ist eben die Bescheidenheit und der Humor. Man darf sich und sein kleines Schicksal nicht zu ernst nehmen. Bescheidenheit und Humor, das ist wie die morgendliche Gymnastik, es muss immer wieder ausgeübt werden.«

[Der Artikel unter welt.de]

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